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Was ist Bitcoin? - Teil 2: Unser heutiges Fiatgeld-System

In dem ersten Teil der Beitragsreihe zur Klärung der Frage "Was ist Bitcoin?" wurde dargestellt, wie Geld in der Gesellschaft entstand und dass ursprünglich aus gutem Grund seltene Waren als Geld deklariert wurden. Bis 1971 war unser Geld immer in irgendeiner Form an eine knappe Ressource (z. B. Gold) gebunden und damit in seiner Menge begrenzt, auch wenn die Bindung des Geldes an die knappe Ressource immer wieder von denjenigen, die das Geld kontrollierten, umgangen wurde.

Seit 1971 gibt es erstmals in der Geschichte der Menschheit keinerlei Verknüpfung mehr zwischen unserem Geld und einer knappen Ressource. Es wurde ein Geld geschaffen, dass von den Staaten und Zentralbanken nach Belieben vermehrbar ist. Dieses Geldsystem, das mit nichts als dem Versprechen des Staats, die Wertstabilität des Geldes aufrecht zu erhalten, gedeckt ist, verantwortet eine Reihe von sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Missständen in der Welt. Wir können spüren, dass unsere Welt aus dem Gleichgewicht geraten ist. Preise von Konsumgütern und vor allem auch von Vermögenswerten, wie z. B. Immobilien steigen, Ungleichheit ("Schere zwischen Arm und Reich") und in der Folge auch Altersarmut nehmen zu, wirtschaftliche und politische Krisen mehren sich, zunehmende Umweltbelastungen und Klimakatastrophen sind zu verzeichnen.

Doch anstatt die Wurzel der Probleme zu bekämpfen, doktern wir an den Symptomen herum. Anstatt einen Wechsel hin zu einem fairen und ressourcenschonenden Geldsystem anzustreben, wird versucht, die Probleme meist mit "neu gedrucktem Geld" bzw. mit der Aufnahme von Schulden zu lösen. Denn dies ist in einem Geldsystem mit unbegrenzter Geldmenge einfach und zeigt meist kurzfristig sogar Wirkung. Jedoch löst diese Vorgehensweise keine Probleme, sie verlagert die Probleme lediglich in die Zukunft und dort zeigen sich die Probleme dann meist in noch größerem Ausmaß. Nachfolgend werden einige wesentliche Auswirkungen unseres heutigen Fiatgeld-Systems auf die Gesellschaft dargestellt.



Die nachfolgenden Grafiken stammen weitestgehend von der Website https://www.blocktrainer.de/blog/wtf-happened-in-1971-die-katastrophalen-auswirkungen-von-ungedecktem-papiergeld, auf der es ein umfassendes sachlich fundiertes Bildungs- und Informationsangebot zum Thema Bitcoin gibt. Die Originalquellen zu den einzelnen Abbildungen sind unter der angegebenen Website zu finden.

In diesem Beitrag sollen nur einige der interessantesten Entwicklungen seit dem Jahr 1971 dargestellt und erläutert werden. Die Daten beziehen sich hierbei auf die USA, da diese nach wie vor die führende Weltmacht darstellen und die Weltleitwährung, den US-Dollar, kontrollieren. Der orangene Pfeil in den Abbildungen markiert das Jahr 1971, in dem die Goldbindung endgültig aufgehoben wurde. Behaltet beim Lesen der nachfolgenden Absätze die Ausführungen aus dem ersten Teil der Beitragsreihe (Rückblick auf die Geldgeschichte) im Hinterkopf.


In der ersten Abbildung ist der exponenzielle Anstieg der US-Geldmenge (M2) zu sehen. Während vor 1971 zwar auch schon die Geldmenge nach und nach ausgeweitet wurde, nahm die Geschwindigkeit der Geldmengenausweitung nach 1971 immer weiter zu. Allein in den letzten viereinhalb Jahren wurde ein Viertel der jemals erschaffenen US-Dollar-Menge kreiert. Während im Februar 2020 die Geldmenge der USA noch bei rund 15,5 Billionen US-Dollar lag, liegt sie aktuell bei bereits über 21 Billionen US-Dollar (Quelle: Federal Reserve Bank of St. Louis, Stand: August 2024). Zwar wurde der rasante Anstieg der Geldmenge durch die restriktive Geldpolitik (Erhöhung der Leitzinsen) der letzten Jahre etwas ausgebremst, seit Oktober 2023 ist die Geldmenge allerdings schon wieder um über 500 Milliarden US-Dollar gewachsen (Stand: August 2024).

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Wozu das exzessive "Gelddrucken" bereits geführt hat, zeigen die weiteren Abbildungen. Während der Goldpreis über Jahrhunderte, in denen es eine gewisse Bindung des Geldes an Gold gab, relativ stabil war, explodierte der Goldpreis nach 1971, da das Geldmengenwachstum nun deutlich schneller als das Goldmengenwachstum voranschritt. Während im Jahr 1971 eine Feinunze Gold noch 35 US-Dollar kostete, liegt der aktuelle Goldpreis bei rund 2.500 US-Dollar je Feinunze (Stand: 01.09.2024). Die nachfolgende Grafik reicht nur bis zum Jahr 2022, in dem der Goldpreis noch bei etwa 1.800 US-Dollar lag.

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Der Goldpreis ist seit 1971 also um etwa das 70-fache angestiegen. Bedeutet das, dass Gold viel wertvoller geworden ist? Nein. An dieser Stelle müssen wir unseren Blickwinkel um 180 Grad drehen. Gold hat nicht etwa seit 1971 immer wertvollere Materialeigenschaften entwickelt. Auch ist die Goldnachfrage im Verhältnis zum Goldangebot bei weitem nicht so stark gestiegen, dass diese Preisentwicklung zu rechtfertigen wäre. Die vorherige Grafik zeigt lediglich, dass die Währung, mit welcher der Goldpreis bemessen wird, an Wert verloren hat. Dies wird in der nachfolgenden Grafik noch deutlicher. In dieser wird der Maßstab umgekehrt und die dargestellten Währungen werden in Gold bemessen. Gemessen in Gold hat beispielsweise der US-Dollar seit 1900 bereits über 98% an Wert verloren, wobei der Wertverlust besonders nach 1971 richtig an Fahrt aufgenommen hat.

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Die Gegenüberstellung verschiedener Währungen oder Gelder zeigt auf, welche dieser Währungen bzw. Gelder wertvoller ist. In den nachfolgenden sechs Abbildungen werden hierzu noch ein paar weitere Beispiele gegeben. Diese Grafiken stammen direkt von Google.

Die türkische Lira hat gegenüber dem US-Dollar beispielsweise seit 2010 über 95% an Wert verloren, was in der nachfolgenden Abbildung zu sehen ist (Stand: 01.09.2024).


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Der Vergleich des argentinischen Pesos mit dem US-Dollar zeigt sogar einen Wertverlust des Pesos gegenüber dem US-Dollar von über 99% seit 2007 (siehe nachfolgende Abbildung, Stand: 01.09.2024).


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Dass vermeintlich starke Währungen wie der US-Dollar, der Euro oder der Schweizer Franken jedoch auch nur Einäugige unter den Blinden sind, zeigte bereits der Vergleich des US-Dollars mit dem über Jahrtausende als Geld verwendeten Gold. Noch deutlicher wird die Tatsache bei einer Gegenüberstellung des US-Dollars und dem neuen Geld Bitcoin.

Gegenüber Bitcoin hat die Weltleitwährung allein in diesem Jahr etwa 24%, in den letzten 12 Monaten etwa 55%, in den letzten 5 Jahren etwa 82% und seit Mai 2016 (über Google maximal angezeigter Zeitraum) erschreckende 99,2% an Wert verloren (siehe nachfolgende vier Abbildungen, Stand: 01.09.2024).


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Die obenstehenden Grafiken verdeutlichen folgendes: Je härter eine Währung oder ein Geld ist, d. h. je weniger stark die Währung oder das Geld inflationiert wird bzw. je weniger stark die Menge der Währung oder des Geldes ausgeweitet wird, desto wertvoller ist die Währung oder das Geld. Seit Aufhebung des Goldstandards im Jahr 1971 verlieren Fiatwährungen immer weiter an Wert. Das spüren wir vor allem daran, dass wir uns immer weniger für unser Geld leisten können. Während Konsumgüterpreise in den USA über Jahrhunderte relativ stabil waren, steigt das Preisniveau von Konsumgütern seit 1971 rasant an, was die nachfolgende Abbildung darstellt. Eigentlich müsste das allgemeine Preisniveau aufgrund von technologischem Fortschritt und den damit einhergehenden Effizienzgewinnen über die Zeit sogar fallen. Unter Verwendung eines harten Geldes wäre dies der Fall. Inflationäres Geld führt hingegen zu stetig steigenden Preisen.

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Den rasanten Anstieg der Konsumgüterpreise seit 1971 macht vor allem ein Produkt besonders sichtbar: Campbell's Tomatensuppe. Dieses amerikanische Produkt existiert bereits seit 1890 und hat sich seitdem in seiner Menge und Qualität nicht geändert. Zu erkennen ist, dass der Preis einer Dose Tomatensuppe bis 1971 immer bei etwa 10 Cent lag. Obwohl sich an dem Inhalt der Dose nichts geändert hat, steigt der Preis der Dose seitdem kontinuierlich an. Heute kostet eine Dose Tomatensuppe bereits etwa 1,24 $.

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Nicht nur Konsumgüterpreise steigen seit dem Ende des Goldstandards exponenziell an. Auch die Immobilienpreise explodieren seit 1971. Heute kostet eine Immobilie im Vergleich zu einer entsprechenden Immobilie aus dem Jahr 1971 etwa das 20-fache. Und auch an dieser Stelle kommt die Frage auf: Sind Immobilien wirklich so viel wertvoller geworden oder ist das Geld, mit dem Immobilien bemessen werden, einfach viel wertloser geworden?

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Zwar sind seit 1971 auch Gehälter und Löhne gestiegen, jedoch bei weitem nicht so stark wie die Immobilienpreise. Das ist in der nachfolgenden Abbildung zu sehen. Das Wachstum der Median-Haushaltseinkommen in den USA liegt deutlich hinter dem Anstieg der US-Immobilienpreise.

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Da unser inflationäres Geld über die Zeit immer wertloser wird und wir stetig an Kaufkraft verlieren, haben wir Menschen in den letzten Jahrzehnten und vor allem seit 1971 eine höhere Zeitpräferenz entwickelt. Das bedeutet, dass wir heutigen Konsum dem zukünftigen Konsum zunehmend vorziehen und weniger für die Zukunft sparen. Das spiegelt sich in der nachfolgenden Grafik wider. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sinkt die Sparquote, während die Konsumquote stetig ansteigt. Ebenfalls ist ein stetiger Anstieg der Kreditquote zu verzeichnen. Dies liegt vor allem an einer Kombination aus dem veränderten Konsumverhalten der Menschen (lieber heute als morgen konsumieren) und der Manipulation der Zinssätze durch die Zentralbanken. Die Zentralbanken haben über die letzten Jahrzehnte den Zinssatz künstlich immer weiter abgesenkt. Der Zinssatz ist nichts anderes als der Preis des Geldes. Je niedriger der Zinssatz ist, desto günstiger ist es, sich Geld von der Bank zu leihen bzw. desto höher ist der Anreiz, einen Kredit bei der Bank aufzunehmen. Umgekehrt führt ein niedriger Zinssatz auch zu einem geringeren Anreiz, Geld zu sparen. Unser aktuelles Geldsystem fördert bzw. belohnt also Konsum und Verschuldung und verhindert bzw. bestraft Sparen. Es gab vor ein paar Jahren bei einigen Banken sogar Negativzinsen, was bedeutet, dass Sparer sogar eine Gebühr dafür zahlen mussten, um der Bank ihr Geld zu leihen. Es ist nachvollziehbar, dass sich in so einem Umfeld der Trend weg vom Sparen hin zum Konsumieren verschiebt.

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Eine derartige Diskrepanz zwischen Sparen und Konsumieren hat natürlich auch negative ökologische Auswirkungen. Eine wachsende Nachfrage nach Konsumgütern führt dazu, dass Unternehmen immer mehr produzieren. Umgekehrt haben die über die letzten Jahrzehnte künstlich gesenkten Zinssätze auch dazu geführt, dass Unternehmen immer leichteren Zugang zu Krediten hatten, was einen Anstieg der Produktion sowie auch der Anzahl an Unternehmen zur Folge hatte. Ein Anstieg der Produktion und in der Folge ein wachsendes Angebot an Konsumgütern kann wiederum in einer steigenden Nachfrage danach resultieren. Der Anstieg von Produktion und Konsum geht mit höheren Umweltbelastungen einher (z. B. ansteigende Schadstoffemissionen und Müllmengen).


Kurzer Exkurs: Fälschlicherweise werden oftmals der Kapitalismus per se und die freien Märkte für die negativen Umweltauswirkungen verantwortlich gemacht. Die Ursache liegt jedoch vielmehr in der Regulierung des Geldmarktes und der damit einhergehenden Schaffung von Fehlanreizen durch die Zentralbanken. In einem freien Geldmarkt würde sich der Zinssatz, also der Preis des Geldes, aus dem Angebot von und der Nachfrage nach Geld ergeben und läge mit Sicherheit über den in den letzten Jahren künstlich niedrig gehaltenen Zinssätzen. Wenn sich in einem freien Marktumfeld höhere Zinssätze einstellen würden, würde dies tendenziell auch mit weniger Produktion und Konsum und folglich auch mit geringeren Umweltbelastungen einhergehen.

Zwar mussten die Zentralbanken in den letzten zwei Jahren die Zinssätze wieder etwas erhöhen, um gegen die ausufernde Inflation (, die die Zentralbanken zuvor selbst durch ihre expansive Geldpolitik (niedrige Zinssätze und Geldmengenausweitung) verursacht hat) anzukämpfen, allerdings werden die Zinssätze schon sehr bald wieder gesenkt werden müssen, um eine schlimmere Rezession (Wirtschaftsabschwung) zu verhindern. Wir sehen bereits heute, dass die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen stark ansteigt. Unternehmen, die sich zu Zeiten niedriger Zinsen günstig Geld geliehen haben und nun in Zeiten höherer Zinsen ihre Kreditkosten nicht mehr bedienen können, weil sie nicht genug Einnahmen generieren, verschwinden vom Markt. In einem freien Marktumfeld, in dem die Zinssätze nicht künstlich niedrig gehalten werden, hätte es vieler solcher Unternehmen von vornherein nicht gegeben, da sie nicht wettbewerbsfähig sind. Das heißt, dass die Manipulation der Zinssätze durch die Zentralbanken zu einer Fehlallokation von Kapital führt oder anders ausgedrückt, dass Arbeitskräfte und Ressourcen ineffizient genutzt werden, da sie in ineffiziente Unternehmen fließen, anstatt in innovative und produktive Unternehmen investiert zu werden.


Die Ineffizienz von Unternehmen zeigt sich auch in nachfolgender Abbildung. Hier gegenübergestellt sind die Entwicklungen der Unternehmensschulden und -gewinne der 500 größten US-amerikanischen Unternehmen (S&P500). Während die Verschuldung der Unternehmen seit 1971 exponenziell zunimmt, steigen die erwirtschafteten Gewinne dieser in einem deutlich geringeren Ausmaß. Eines der weltweit am höchsten verschuldeten Unternehmen ist übrigens Volkswagen. In der Bilanz von Volkswagen stehen rund 400 Milliarden Euro Schulden (Quelle: Wallstreet Online). Zur Einordnung dieser gigantischen Zahl: Das Bruttoinlandsprodukt von Portugal, also der Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen, die in Portugal innerhalb eines Jahres produziert werden, lag im Jahr 2023 bei rund 266 Milliarden Euro (Quelle: Statistisches Bundesamt).

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Nicht nur Unternehmensschulden verzeichnen ein exponenzielles Wachstum. Auch Staatsschulden steigen exponenziell an, was in der nachfolgenden Grafik zu sehen ist. Seitdem es keinen Goldstandard mehr gibt und beliebig viel Geld aus dem Nichts geschaffen werden kann, sind die Staatsschulden explodiert. Wenn die USA Geld benötigen, um ihre Ausgaben zu finanzieren, können sie sich vereinfacht gesagt Geld von der Zentralbank leihen. Die Zentralbank stellt den USA das neu geschaffene Geld zur Verfügung und die USA müssen dieses Geld zuzüglich des geltenden Zinssatzes nach einer bestimmten Zeit an die Zentralbank zurückzahlen. In der Theorie nimmt die Zentralbank das zurückgezahlte Geld wieder aus dem Wirtschaftskreislauf bzw. vernichtet es. Die Praxis sieht allerdings anders aus. Da die Staatsausgaben der USA immer weiter steigen und schon seit langem die Einnahmen der USA übersteigen, müssen neue, immer größere Schulden aufgenommen werden, um alte Schulden zu begleichen.

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Im Prinzip handelt es sich bei unserem Fiatgeld-System um ein riesiges Schneeballsystem, weil alte Schulden nur noch durch die Aufnahme neuer, immer größerer Schulden beglichen werden können. Problematisch ist, dass mit dem wachsenden Schuldenberg auch die vom Staat zu zahlenden Zinsen immer weiter ansteigen. Durch die leicht erhöhten Zinssätze in den letzten zwei Jahren belasten die Zinszahlungen den US-Haushalt in zunehmendem Maße. Die USA müssen in diesem Jahr allein für ihre Zinszahlungen über 1 Billionen US-Dollar (1.000 Milliarden US-Dollar) aufbringen (siehe nachfolgende Abbildung, Quelle: Federal Reserve Bank of St. Louis, Stand: 25.07.2024). Die gesamten Steuereinnahmen der USA (Einkommenssteuer, Sozialversicherungsbeiträge, Verbrauchssteuer, Grundsteuer, Körperschaftssteuer, sonstige Einnahmen wie Zölle) liegen aktuell bei knapp 5 Billionen US-Dollar (Quellen: U.S. Treasury, Tax Foundation). Das heißt, dass bereits 20% der gesamten Steuereinnahmen der USA nur für Zinszahlungen aufgebracht werden müssen (nur Zinszahlungen, noch keine Schuldentilgung). Es ist in den letzten Jahren zu beobachten, dass diese Abwärtsspirale zunehmend an Fahrt gewinnt. Man muss kein Ökonom sein, um zu erkennen, dass so ein System ein Ablaufdatum hat.


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Hat das seit 1971 ungedeckte Fiatgeld-System denn zu mehr Wohlstand geführt? Die nachfolgende Abbildung zeigt, dass zu Zeiten des Goldstandards die Reallöhne (inflationsbereinigte Löhne) proportional mit der Produktivität anstiegen. Seit der Entkopplung des Geldes an die knappe Ressource steigen die Reallöhne jedoch deutlich langsamer als die Produktivität. Das bedeutet, dass die Menschen immer weniger von dem Output ihrer Arbeit erhalten.

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Es gibt jedoch Menschen, die von unserem Fiatgeld-System profitieren: die Reichen. Bis 1971 sind die Realeinkommen der unteren 90% der Verdiener kontinuierlich angestiegen, während die Realeinkommen der oberen 1% der Verdiener (Topverdiener) nahezu stagnierten. Dieser Trend hat sich seit 1971 umgekehrt. Während die Realeinkommen der unteren 90% der Verdiener nahezu stagnieren, steigen die Realeinkommen der Topverdiener massiv an.

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Die seit 1971 zunehmende Einkommensungleichheit hat logischerweise auch die Ungleichheit der Vermögensverteilung verstärkt. Während das Vermögen der ärmsten 90% etwas zeitversetzt nach 1971 bis heute kontinuierlich schrumpft, steigt das der reichsten 1% fortlaufend an. Hierfür gibt es vor allem zwei Gründe. Zum einen verfügen die reichsten 1% in der Regel über inflationsgeschützte Vermögenswerte, wie z. B. Immobilien, Kunstwerke, Gold und Silber, während ärmere Menschen immer weniger über solche Privilegien verfügen, je vermögensschwächer sie sind. Bei einem Teil der ärmeren Menschen reicht das Einkommen gerade einmal dafür, die wichtigsten Bedürfnisse, wie Essen, Trinken und Wohnen zu befriedigen. Durch die Inflation, also den Anstieg des allgemeinen Preisniveaus, wird deren Vermögen, das dann oft nur aus dem Geld auf dem Konto oder im Portemonnaie besteht, entwertet. Hinzu kommt, dass reiche Menschen über eine gute Bonität verfügen und zu günstigeren Konditionen Kredite aufnehmen können als ärmere Menschen. Da Inflation den Geldwert über die Zeit verringert, verlieren außerdem auch die zurückzuzahlenden Schulden über die Zeit an Wert.

Der sogenannte Cantillon-Effekt beschreibt, dass sich in einem Geldsystem, in dem die Geldmenge ausgeweitet wird, die Menschen von der Geldmengenausweitung profitieren, die sich nahe am Geldschöpfungsprozess befinden, also z. B. der Bankensektor oder eben Reiche. Diese Menschen haben als erstes Zugriff auf das neu geschaffene Geld und können sich Waren, Dienstleistungen, Aktien oder Immobilien zu aktuellen Preisen kaufen. Erst zeitversetzt, wenn sich das neu geschaffene Geld im Wirtschaftskreislauf verteilt, steigt das allgemeine Preisniveau. Nun kommt das neu geschaffene Geld zum Teil auch bei anderen Menschen an. Da das allgemeine Preisniveau jedoch bereits gestiegen ist, profitieren diese Menschen nicht mehr von der Geldschöpfung. Je weiter man von dem Geldschöpfungsprozess entfernt ist, also vor allem die ärmsten Menschen, desto negativer sind die Auswirkungen der Geldschöpfung für diese.

In der nachfolgenden Abbildung ist die auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich gut zu erkennen. Vor allem in den letzten viereinhalb Jahren, nachdem in Folge der Corona-Pandemie die Geldmenge noch massiver ausgeweitet wurde, ist die Schere zwischen Arm und Reich noch ein ganzes Stück weiter auseinander gegangen. Während ein Großteil der Gesellschaft einen erheblichen Kaufkraftverlust aufgrund stark steigender Preisniveaus verkraften musste, wurden Reiche deutlich vermögender. Die reichsten Milliardäre der Welt, wie z. B. Elon Musk, Mark Zuckerberg, Warren Buffet, Steve Ballmer, Larry Page usw. konnten in den letzten viereinhalb Jahren ihr Vermögen weit mehr als verdoppeln (Quelle: Forbes).

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Weiterhin ist zu beobachten, dass staatliche Eingriffe in die Wirtschaft und in sonstige Lebensbereiche der Menschen zunehmen. Besonders nach 1971 ist die Anzahl an staatlichen Regulierungen stark gestiegen. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Anzahl der Seiten, die dem US-Bundesregister jährlich hinzugefügt werden. In diesem veröffentlichen US-Bundesbehörden neue Verwaltungsvorschriften. Auch in Deutschland ist ein stetiger Anstieg der Bürokratie zu verzeichnen. Die Anzahl an Gesetzen und Verordnungen nimmt zu und Behörden vergrößern sich. Offensichtlich hat diese Entwicklung jedoch nicht zu mehr nachhaltigem Wohlstand und Gerechtigkeit geführt.

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Der Wechsel vom Goldstandard zu einem Fiatgeld-Standard hat auch negative Effekte auf die Ernährung der Menschen mit sich gebracht. Aufgrund der steigenden Lebensmittelpreise wurde die Nahrungsmittelproduktion in den USA konsolidiert. Kleinbauern waren gezwungen, ihre Unternehmungen an Großproduzenten zu verkaufen. Die steigende Massenproduktion führte zu einer zunehmenden Ausbeutung der Böden. Durch den wiederholten intensiven Monokulturanbau können die meisten landwirtschaftlichen Flächen heute nur noch unter Verwendung künstlich hergestellter chemischer Düngemittel bewirtschaftet werden. Der Nährstoffgehalt der Lebensmittel nimmt im Vergleich zu solchen Lebensmitteln, die auf nährstoffreichen Böden angebaut werden, stetig ab. Zudem ersetzen Lebensmittelproduzenten qualitativ hochwertige Lebensmittel durch minderwertigere, um den Preisanstiegen von Lebensmitteln entgegenzuwirken. Das zeigt sich beispielsweise bei dem Fleischangebot. Während die Pro-Kopf-Verfügbarkeit von teurerem Rindfleisch in den USA sinkt, nimmt die von Hühnerfleisch stetig zu (siehe nachfolgende Abbildung).

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Weiterhin ist die Produktion des vergleichsweise billigen, ökologisch und gesundheitlich jedoch fragwürdigen Palmöls seit 1971 stark angestiegen (siehe nachfolgende Abbildung). Ebenfalls steigt die Produktion von Sojabohnenöl. Der Großteil der Sojaproduktion findet in Brasilien, den USA sowie Argentinien unter Verwendung von laut Einstufung der Weltgesundheitsorganisation wahrscheinlich krebserregenden Pestiziden statt. Ein günstiges Abfallprodukt bei der Herstellung von Sojabohnenöl ist übrigens das sogenannte Sojalecithin, welches in vielen Produkten wie z. B. in Schokolade, Backwaren, Eis und Instant-Lebensmitteln enthalten ist.

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Nicht verwunderlich ist, dass Immunkrankheiten wie Diabetes Typ 1 oder Morbus Crohn entsprechend stark zunehmen. Auch die Fettleibigkeitsquote (Adipositas) ist seit dem Ende des Goldstandards stark angestiegen. Während 1971 noch etwa 15% der erwachsenen US-Amerikaner als fettleibig (BMI > 30) galten, sind es heute bereits über 40% (Quelle: Centers for Disease Control and Prevention). Die nachfolgende Grafik reicht nur bis zum Jahr 2010, in dem der Wert bereits bei ca. 35% lag.

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Noch dramatischer zeigt sich die Entwicklung bei den US-amerikanischen Kindern und Jugendlichen, bei denen sich die Fettleibigkeitsquote seit 1971 etwa vervierfacht hat. Während 1971 noch ca. 5% der 2- bis 19-Jährigen unter Adipositas litten, waren es 2018 bereits rund 20% (siehe nachfolgende Grafik).

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Wer sich für die verschiedenen, nicht nur wirtschaftlichen Auswirkungen der Abkehr vom Goldstandard hin zum Fiatgeld-Standard interessiert, dem kann ich das Buch "Der Fiat-Standard - Das Schuldknechtschaftssystem als Alternative zur menschlichen Zivilisation" von Saifedean Ammous empfehlen. In dem Buch werden die Auswirkungen des Fiatgeld-Systems auf verschiedene gesellschaftliche Bereiche, wie z. B. Familie, Bildung, Ernährung und Energiequellen analysiert. Darüber hinaus werden die Auswirkungen des globalen Fiatgeld-Standards unter Nutzung des US-Dollars als Weltleitwährung auf die Entwicklungsländer ergründet. Es wird dargestellt, wie die USA es schafften, ein globales Währungssystem zu implementieren, das Ihnen bis heute ermöglicht, Macht auf Entwicklungsländer auszuüben. Die Implementierung von Institutionen wie der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds (IWF) brachten Entwicklungsländer in eine enorme wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA und ermöglichten den USA leichten Zugang zu den Ressourcen dieser Länder. Da Entwicklungsländer indirekt gezwungen sind, den US-Dollar für internationale und oft auch nationale Transaktionen zu verwenden, sind die USA außerdem in der Lage, Inflation ins Ausland zu exportieren. Wie kein anderes Land können die USA Ausgaben, z. B. für den Ausbau ihres Militärs, tätigen, die indirekt von anderen Ländern finanziert werden. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Michael Hudson schrieb zu diesem Thema ein ganzes Buch mit dem Titel "Finanzimperialismus - Die USA und ihre Strategie des globalen Kapitalismus". Diese Abhängigkeit der Entwicklungsländer schafften die USA zwar weit vor 1971, seit Aufhebung des Goldstandards konnten die USA ihre wirtschaftliche und politische Macht über die Entwicklungsländer jedoch noch deutlicher ausbauen.


Weiterhin ist zu beobachten, dass unser aktuelles Geldsystem uns Menschen immer gläserner und kontrollierbarer macht. Seit 1971 basiert unser Geldsystem lediglich auf dem Vertrauen in die Regierung. Seitdem ist es einfacher für Regierungen geworden, Einfluss bzw. Kontrolle auf das Geldsystem und die Wirtschaft auszuüben.

Unter dem Vorwand, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eindämmen zu wollen, verschärfen sich staatliche Regulierungen. Werfen wir an dieser Stelle einen Blick nach Europa: Die Abschaffung von Bargeld, welches uns Privatsphäre und Anonymität bietet, scheint nicht mehr weit entfernt zu sein. Der 500-Euro-Schein wurde bereits Anfang 2019 aus dem Umlauf genommen. Weitere Maßnahmen zur Einschränkung der Bargeldnutzung werden von unserer Regierung diskutiert. In den kommenden Jahren wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in Europa digitales Zentralbankgeld eingeführt (Central Bank Digital Currency oder kurz CBDC). Dies birgt enorme Gefahren für alle Bürger. Es ermöglicht zentralen Behörden und Regierungen sämtliche Transaktionen der Bürger in Echtzeit zu überwachen und ggf. einzuschränken. Außerdem lässt sich Vermögen der Bürger sehr einfach beschlagnahmen.

Um auch diejenigen Vermögen besser kontrollieren zu können, die sich nicht auf einem Bankkonto befinden, wird es aller Voraussicht nach ab 2025 ein europaweites Vermögensregister geben. Diejenigen, deren Vermögen eine bestimmte Grenze übersteigt (diskutiert wurde eine Grenze von 200.000 Euro), sind dann dazu verpflichtet, sämtliche Vermögenswerte offenzulegen. Dazu zählen neben Bargeld (solange es dieses noch geben wird) und Kontoguthaben u. a. auch Aktien, Immobilien, Edelmetalle, Kryptovermögen, Autos, Boote oder Kunstgegenstände.

Diese Pläne stellen eine ernstzunehmende Gefahr für die Privatsphäre der Menschen dar. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass aufgrund von Datenlecks oder Cyberangriffen sensible Daten der Menschen in kriminelle Hände geraten. Zum anderen besteht die Gefahr, dass Staaten unliebsame Bürger finanziell benachteiligen oder enteignen. Der leichte Zugriff auf die Vermögenswerte der Bürger ermöglicht es den Staaten beispielsweise, diese in Krisenzeiten zur Schuldentilgung zu verwenden.

Die beschriebenen Szenarien mögen uns unrealistisch erscheinen, sie sind es jedoch keineswegs. In China wird beispielsweise bereits Zentralbankgeld verwendet. In Verbindung mit einem Social Scoring System ermöglicht es der Regierung, Menschen, die sich nicht systemkonform verhalten, aus dem Zahlungsverkehr auszuschließen und andererseits Menschen, die dem politischen System nahestehen, z. B. in Form von geringeren Steuern oder günstigeren Krediten zu bevorteilen. Ein anderes Beispiel aus dem Libanon zeigt, wie schnell der Staat bei Bedarf seine Bürger enteignen kann, wenn er die Kontrolle über das Geld der Bürger innehat. Im Januar 2023 hat der libanesische Staat über Nacht die Landeswährung, das libanesische Pfund, um rund 90% abgewertet. Was dem Staat eine geringere Schuldenlast brachte, führte den Großteil der libanesischen Bevölkerung über Nacht in die Armut. Libanesen, mit einem Vermögen von beispielsweise umgerechnet 100.000 Euro verfügten am nächsten Tag nur noch über ein Vermögen bzw. über eine Kaufkraft von etwa 10.000 Euro. Um die Flucht der Bürger in ausländische stabilere Währungen zu verhindern, führte der Libanon zudem strenge Kapitalverkehrskontrollen ein. Selbstverständlich führte diese Enteignung zu sozialen und politischen Unruhen im Libanon.

Verglichen mit diesen zwei Beispielen befinden wir uns in Europa noch in einer ziemlich privilegierten Situation. Anzunehmen, dass sich dies auch nicht ändern wird, wäre vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen (Einführung digitalen Zentralbankgeldes, Vermögensregister, politische Diskussionen über Lastenausgleich und Vermögensabgaben, ...) sowie ausufernder Staatsschulden jedoch recht naiv. Zudem gab es auch in der Geschichte Deutschlands und Europas schon Enteignungen der Bürger. Als Beispiel seien hier Zwangsanleihen genannt, bei denen Bürger gezwungen wurden, dem Staat Geld zu leihen, wobei eine Rückzahlung oft zweifelhaft war oder nur teilweise erfolgte.


Die in diesem Beitrag dargestellten Entwicklungen seit 1971, dem Jahr, in dem der Goldstandard endgültig beendet und der Fiatgeld-Standard geboren wurde, sind besorgniserregend. Die Ausblicke wirken zudem recht dystopisch und mögen den einen oder anderen an den Roman "1984" von George Orwell erinnern. Es ist wichtig, ein Verständnis dafür zu entwickeln, dass viele der heutigen wirtschaftlichen und sozialen Probleme im Kern aus einem defekten Geldsystem hervorgehen. Wie im Beitrag aufgezeigt wurde, führt z. B. die permanente Geldmengenausweitung zu stetig steigenden Preisen und wachsender Vermögensungleichheit, was wiederum eine zunehmende Unzufriedenheit in der Bevölkerung zur Folge hat und dazu beitragen kann, dass Menschen auf der Suche nach Veränderung Randparteien des politischen Spektrums wählen. Politische und gesellschaftliche Stabilität basieren auf wirtschaftlicher Stabilität und das Rückgrat wirtschaftlicher Stabilität ist die Währungsstabilität, welche seit der Aufhebung des Goldstandards im Jahr 1971 stark ins Wanken geraten ist.

Die gute Nachricht ist, dass es eine Möglichkeit gibt, unser defektes Geldsystem zu reparieren. Mit Bitcoin wurde ein Geld geschaffen, welches möglicherweise in der Lage ist, die dargestellten Entwicklungen umzukehren. Darum soll es im nächsten Beitrag gehen. Es wird der Frage nachgegangen, welche Eigenschaften eine stabile Währung bzw. gutes Geld haben sollte. Es werden die Merkmale von Bitcoin näher beleuchtet und mit denen von anderen Geldern wie Gold und Fiatgeld verglichen. Schließlich soll darauf eingegangen werden, wie wahrscheinlich es ist, dass Bitcoin unseren heutigen Fiatgeld-Standard ablöst und sich möglicherweise ein Bitcoin-Standard etabliert.

 
 
 

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